Was ist das BFSG?
Das BFSG setzt die EU-Richtlinie 2019/882 (European Accessibility Act) in deutsches Recht um. Ziel ist es, digitale Angebote so zu gestalten, dass sie auch für Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen nutzbar sind – ob mit Screenreader, per Tastatur oder bei eingeschränktem Sehvermögen.
Zwar gibt es in Deutschland bereits seit 2002 gesetzliche Regelungen zur Barrierefreiheit im öffentlichen Sektor, wie etwa die BITV oder das BGG. Für die Privatwirtschaft galt bislang jedoch keine umfassende Pflicht – das hat sich nun geändert.
Wen betrifft das Gesetz?
Das BFSG betrifft Unternehmen, die digitale Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher anbieten. Dazu zählen u. a.:
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Webseiten mit Bestell- oder Buchungsfunktion
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Onlineshops
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Apps mit Terminvergabe
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Hardware wie PCs, Tablets, Smartphones oder E-Book-Reader
Nicht betroffen sind B2B-Angebote, private Webseiten ohne kommerziellen Zweck sowie Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden oder unter zwei Millionen Euro Jahresumsatz.
Für einige Produkte wie Selbstbedienungsterminals gelten Übergangsfristen bis 2040. Digitale Produkte wie Webseiten und Apps müssen jedoch grundsätzlich ab sofort barrierefrei sein – spätestens bei der nächsten Aktualisierung.
Was bedeutet digitale Barrierefreiheit?
Die Anforderungen an barrierefreie IT-Produkte orientieren sich an der EU-Norm EN 301549 und den international anerkannten WCAG-Richtlinien (Web Content Accessibility Guidelines). Um gesetzeskonform zu sein, müssen Unternehmen mindestens die Kriterien der Stufen A und AA erfüllen.
Wichtige Merkmale sind:
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Wahrnehmbarkeit: Klare Kontraste, Alternativtexte für Bilder
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Bedienbarkeit: Navigation auch ohne Maus möglich
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Verständlichkeit: Klar strukturierte Inhalte, einfache Sprache
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Robustheit: Kompatibilität mit assistiven Technologien wie Screenreadern
Accessibility-Statement & rechtliche Pflichten
Eine zentrale Anforderung des BFSG ist das sogenannte Accessibility-Statement – eine öffentliche Erklärung zur Barrierefreiheit. Diese muss:
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von jeder Unterseite erreichbar sein (z. B. im Footer)
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den Grad der Barrierefreiheit beschreiben
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bestehende Barrieren benennen
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Feedback- und Kontaktmöglichkeiten bieten
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die zuständige Schlichtungsstelle nennen
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das Prüfdatum und die verwendeten Testmethoden aufführen
Unternehmen sind verpflichtet, ihre digitalen Angebote regelmäßig zu prüfen. Erste Hinweise liefern Tools wie das WAVE Accessibility Evaluation Tool – sie sollten jedoch immer durch manuelle Tests ergänzt werden.
Ausnahmen und Spielräume
Das Gesetz sieht Ausnahmen vor, wenn:
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Barrierefreiheit eine unverhältnismäßige Belastung darstellt
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Produkte durch die Anpassung grundlegend verändert würden
Diese Ausnahmen müssen jedoch gut begründet und dokumentiert sein. Es reicht nicht, pauschal auf Kosten oder Aufwand zu verweisen.
Warum sich Barrierefreiheit lohnt
Digitale Barrierefreiheit ist nicht nur ein gesetzlicher Zwang – sie bietet auch wirtschaftliche Chancen:
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Eine bessere Nutzererfahrung für alle Kunden
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Erhöhte Reichweite und neue Zielgruppen
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Stärkung der eigenen Corporate Social Responsibility
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Positiver Einfluss auf SEO und Conversion-Raten
Laut WHO leben rund eine Milliarde Menschen weltweit mit einer Behinderung. Die Aktion Mensch geht sogar davon aus, dass etwa 30 % der Bevölkerung von Barrieren im digitalen Raum betroffen sind – etwa durch Sehschwächen, motorische Einschränkungen oder temporäre Beeinträchtigungen.
Unser Fazit als IT-Systemhaus
Die gesetzliche Pflicht zur digitalen Barrierefreiheit ist da – und sie betrifft viele Unternehmen. Wer sich jetzt nicht vorbereitet, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern auch den Verlust potenzieller Kunden.
Das IT-Systemhaus Ruhrgebiet unterstützt Sie bei der Umsetzung des BFSG: von der Analyse Ihrer bestehenden Systeme über die Optimierung Ihrer Webseite bis hin zur Erstellung barrierefreier Inhalte.
Quelle: heise.de